Frank Schätzing – Limit

18 02 2010

Mai 2025: Die Energieversorgung der Erde scheint gesichert, seit die USA auf dem Mond das Element Helium-3 fördern. Bahnbrechende Technologien des Konzerngiganten Orley Enterprises haben die Raumfahrt revolutioniert, in einem erbitterten Kopf-an-Kopf-Rennen versuchen Amerikaner und Chinesen, auf dem Trabanten ihre Claims abzustecken.

Während der exzentrische Konzernchef Julian Orley mit einer Schar prominenter Gäste zu einer Vergnügungstour ins All aufbricht, soll Detektiv Owen Jericho, den eine unglückliche Liebe nach Shanghai verschlagen hat, die untergetauchte Dissidentin Yoyo ausfindig machen. Was nach Routine klingt, ist tatsächlich der Auftakt zu einer albtraumhaften Jagd von China über Äquatorialguinea und Berlin bis nach London und Venedig. Denn auch andere interessieren sich für Yoyo, die offenbar im Besitz streng gehüteter Geheimnisse und ihres Lebens nicht mehr sicher ist.

Jericho muss sich mit der bildschönen, aber ziemlich anstrengenden Chinesin zusammentun, um den phantomgleichen Gegnern auf die Spur zu kommen. In einer Zeit, in der multinationale Konzerne der Politik zunehmend das Zepter aus der Hand nehmen, führen beide einen verzweifelten Kampf ums Überleben, gehetzt von einer Übermacht hochgerüsteter Killer. Die Suche nach den Drahtziehern führt mitten hinein in die Wirren afrikanischer Söldnerkriege, Machtkämpfe um Öl und alternative Energien, Vorherrschaftsträume on Weltraum – und zum Mond, auf dem Orleys Reisegruppe unvermittelt einer tödlichen Bedrohung gegenüber steht. (Klappentext)

Besser als dieser Klappentext hätte ich das Buch nicht zusammenfassen können! Es ist wieder einmal eine grandiose Geschichte, die Frank Schätzing dem Leser präsentiert, nichts desto  trotz jedoch sehr nahe an der Realität, auch wenn in der (nahen) Zukunft handelnd.

So beschreibt Schätzing eine mögliche Zukunftsvision, in der eine potentielle Alternative zu Rohöl, nämlich Helium-3 (das es auch tatsächlich auf dem Mond gibt, siehe hier), existiert. Und wie sollte es anders sein, streiten sich die Großmächte USA und China um diese wertvollen Ressourcen, ein Zustand ähnlich dem Kalten Krieg herrscht, bei dem sich beide Seiten gegenseitig belauern und nur auf einen Fehltritt des anderen warten. So scheint es zumindest, oder hat die „tödliche Bedrohung“, der sich Orleys Reisegruppe gegenüber sieht doch einen ganz anderen Ursprung?

Denn wer nun am politisch längeren Hebel sitzt ist meist nicht so klar. Sind es nun die multinationalen Konzerne, oder haben sich die Regierungen doch noch ein wenig Unabhängigkeit gegenüber jenen Welt beherrschenden Unternehmen bewahren können?

Viele Fragen also, die dieses Buch aufwirft, die aber alle (!) bis zum letzten Satz beantwortet werden. Und dabei lässt Schätzing dem Leser noch genug Freiraum, um selbst mitzurätseln, führt ihn zuweilen sogar auf eine falsche Fährte. Die Spannung geht eigentlich nie verloren.

Die zunächst zusammenhangslos erscheinenden Handlungsstränge um die Reisegesellschaft Orley und die Verfolgungsjagd um Owen Jericho und Chen Yoyo werden langsam zusammengeführt, sodass wirklich alles am Ende ins Bild passt.

Man muss natürlich gestehen, dass bei einem Werk von 1300 Seiten die Einführung der Charaktere, und es sind ziemlich viele, schon mal 300-400 Seiten dauern kann. Aber es lohnt sich wirklich durchzuhalten und dranzubleiben! Vieles, was mir am Anfang als unnütz und zusammenhangslos erschienen ist, ergibt später einen sehr großen Sinn. Außerdem hat Schätzing hervorragende Recherche betrieben, sowohl in Bezug auf Politik als auch Wissenschaft. Alleine die umfassenden Informationen, die der Leser über den Mond bekommt, machen das Buch schon lesenswert.

Und natürlich besticht es auch durch seine starken Charaktere, auf dieser großen Anzahl von Seiten hatte Schätzing aber auch wirklich genug Spielraum die Hauptcharaktere wunderbar darzustellen.

Es gibt einen kleinen Kritikpunkt, den ich nach so viel Lob noch anbringen möchte. An manchen Stellen hat Schätzing meiner Meinung nach zu viel gewollt, hat immer noch ein bisschen mehr Actionszenen reinpacken wollen, was das Buch aber eigentlich gar nicht nötig hat. Grade an diesen Stellen ist das Buch nämlich für mich dann etwas unglaubwürdig geworden und hat eher an einen Actionfilm erinnert. Allerdings waren diese Stellen sehr rar im Buch, sodass mir insgesamt der Lesespaß nicht abhanden gekommen ist.

Bleibt also Fazit nur zu sagen: unbedingt empfehlenswert! Wer sich für Politik, alternative Energien und Wissenschaft interessiert, ist hier sowieso an der richtigen Stelle. Aber auch sprachlich und charakteristisch befindet sich „Limit“ auf einem sehr hohen Niveau. Man sollte sich auf jeden Fall nicht von den vielen Seiten abschrecken lassen. Zur besseren Übersicht über die Charakter ist übrigens am Ende des Buches noch ein Personenregister vorhanden, falls sich der Leser einmal im Charaktere Dschungel verlaufen sollte 😉

5 von 5 Sternen

Verlag: Kiepenheuer & Witsch
1304 Seiten
ISBN-10: 3462037048
ISBN-13: 9783462037043





Sergej Lukianenko – Weltengänger

13 11 2009

31fTLGCUeZL._SL500_AA180_Merkwürdige Dinge geschehen in Moskau: Als Kirill Maximov eines Abends nach Hause kommt, hat irgendjemand seine Wohnung komplett umgeräumt, und eine ihm völlig unbekannte Frau behauptet, sie lebe hier schon seit Jahren. Damit nicht genug: An seinem Arbeitsplatz ist Kirill niemandem bekannt, und auch seine Freunde und Verwandten haben offenbar vergessen, dass er je existiert hat. Völlig verwirrt, ohne Bleibe, ohne Geld wird Kirill durch einen Anruf schließlich zu einem verlassenen Wasserturm geleitet – wo ihm eine atemberaubende Enthüllung gemacht wird: Man hat ihn aus seiner Existenz gerissen, um ihn zu einem sog. „Funktional“ zu machen. Als solcher hat er die Aufgabe, die Grenze zwischen etlichen parallelen Welten zu überwachen. Doch wer hat diese Parallelwelten geschaffen? Und wozu? Für Kirill beginnt ein Abenteuer, wie er es sich in seinen kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können…

Dies ist ein Buch, das mich gleichermaßen fasziniert und irritiert hat. Zu Beginn hatte ich doch Schwierigkeiten, mich mit dem Schreibstil abzufinden. Erst dachte ich, dass dies an einer schlechten Übersetzung des russischen Originaltextes liegen könnte, aber im Laufe des Lesens bin ich dann zu der Überzeugung gekommen, dass es doch tatsächlich Lukianenkos Schreibstil ist. Nach den ersten zwei, drei Kapiteln hatte ich mich aber ganz gut daran gewöhnt. Man kann diesen Schreibstil einfach nur mit „irgendwie anders“ beschreiben. Ich kann keine anderen Worte dafür finden. Aber „irgendwie anders“ muss ja nicht gleich schlecht bedeuten! Im Gegenteil, der Schreibstil passt einfach herrlich zu dieser humorvollen, zeitweise düsteren und auch etwas „anderen“ Science Fiction Geschichte. Etwas „anders“, weil es in den so genannten Parallelwelten eben keine außerirdischen Lebensformen zu finden sind (wie in den meisten anderen Science Fiction Geschichten), sondern normale Menschen, wie du und ich. Der einzige Unterschied, der zwischen den Parallelwelten besteht, ist der Grad des technischen Fortschritts. Was es damit auf sich hat, möchte ich natürlich nicht verraten, aber die Auflösung der Geschichte fand ich doch sehr erschreckend. Auf jeden Fall ist es ein Buch, das zum nachdenken anregt und eine gute Mischung aus Sarkasmus, Humor und Abenteuer, aber auch Politik und Gesellschaftskritik enthält.

Die Charaktere sind toll gezeichnet, deutlichen Schwerpunkt hat Lukianenko jedoch auf den Protagonisten Kirill gelegt. Die anderen Charaktere sind meiner Meinung nach daher leider etwas zu kurz gekommen.

Trotzdem kann ich „Weltengänger“ guten Gewissens weiterempfehlen mit dem Tipp, auch mal zwischen den Zeilen zu lesen! Es gibt auch noch einen Fortsetzungsroman, „Weltenträumer“, und ich hoffe, dass dort alle noch offenen Fragen beantwortet werden.

4/5 Sternen

Verlag: Heyne TB
590 Seiten
ISBN-10: 3453523490
ISBN-13: 9783453523494